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Herr Ober, bitte das Beschwerdebuch!

 Herr Ober, bitte das Beschwerdebuch!

 

Reklamieren - gewusst wie: In vielen Urlaubsländern gibt es ein probates Mittel gegen schlechten Service und unangemessene Behandlung. Sich beschweren ist für viele beinahe ein Hobby.

 

 Ein Haar in der Suppe, das Zimmer schmuddelig und der Portier ein frecher Kerl: Das muss sich in Europas Urlaubsländern niemand gefallen lassen. Wer sich auskennt, der verschafft sich im Hotel, Restaurant oder auf dem Campingplatz schnell Respekt.

 "Bedienung, bitte das Beschwerdebuch!" Was hierzulande nur für die Witzseiten taugt, ist in Spanien eine echte Geheimwaffe. Denn die "Hojas de Reclamaciones" werden regelmäßig von unabhängigen Inspektoren geprüft. Jeder spanische Touristikbetrieb muss auch in Zeiten des Internets weiter nummerierte und amtlich beglaubigte Beschwerdeblätter aus Papier vorrätig haben und sie dem Gast auf Wunsch aushändigen. Sie bestehen aus einem (weißen) Original und drei (farbigen) Durchschreibeblättern. Wer zum Beispiel mit der Leistung nicht zufrieden ist, der schreibt seine Beschwerde (auf Deutsch oder Spanisch) auf das Blatt, übergibt die rosafarbene Kopie an den Geschäftsführer des Betriebs und schickt das weiße Original an die regionale Verbraucherbehörde, deren Adresse aufgedruckt ist.

Zehn Tage später versendet sein

 Das Blatt muss spätestens zehn Werktage nach Eintrag der Beschwerde versandt werden, sonst erlischt der Anspruch auf Bearbeitung. Den grünen Durchschlag behält der Urlauber für sich selbst. Portugal hält es ähnlich wie die spanischen Nachbarn: Auch dort kann der Urlauber ein Beschwerdebuch verlangen, es heißt auf Portugiesisch "Livro de Reclamações". Jedes Restaurant, jedes Hotel und jeder Campingplatz muss ein solches Beschwerdebuch führen. Weil es regelmäßig von der Direcção Geral do Turismo kontrolliert wird, kann sich der Gast den Aufwand sparen, seine Beschwerde zusätzlich an die Aufsichtsbehörde zu versenden. Die Kontrollen scheinen durchaus Eindruck zu machen: Häufig löst sich das Urlauberproblem bereits, wenn man nur nach dem Beschwerdebuch fragt. Reisende, die dem Beschwerdebuch allein nicht trauen, können sich zusätzlich an den Verbraucherschutzverband wenden: Instituto do Consumidor, Tel. 707 788 787 (ohne Vorwahl, wochentags 9.30 bis 14.30 Uhr), dgc@ dg.consumidor.pt, www.consumidor.pt.

 In Griechenland heißt das Zauberwort "Touristiki Astynomia". Das ist die Touristenpolizei, die es in allen Urlauberzentren und größeren Orten gibt. Sie macht das Gleiche, was in Spanien und Portugal der Urlauber selbst machen muss: Sie nimmt die Beschwerde auf und leitet sie an den Präfekten weiter. Obendrein müssen Touristenpolizisten mindestens zwei Fremdsprachen beherrschen, sie können also auch als Übersetzer manchen Streit schlichten.

Touristenpolizei in Doppelfunktion

 Die griechische Touristenpolizei ist übrigens ganz offiziell sowohl Polizei als auch Touristeninformation, hilft also ebenfalls weiter, wenn man zum Beispiel nur den nächsten Badestrand sucht. In kleineren Orten, in denen es keine Touristenpolizei gibt, wählt man bei Problemen die Telefonnummer 171 (ohne Vorwahl).

 Auch bei uns wird Servicehilfe geleistet. So nennt sich denn auch die zentrale Anlaufstelle für Anfragen und Beschwerden in Wien "Tourismus-Servicestelle". Obrigkeitliche Kompetenz besitzt das Referat im Wirtschaftsministerium nicht, trotzdem rühmt es sich einer hohen Erfolgsquote. Es leistet kostenlos Vermittlung im Streitfall zwischen Reisegast und Tourismusbranche. Monatlich werden rund hundert Anrufe entgegengenommen (Tel. 01/71100-5597).

 Serviceorientiert gibt man sich längst auch im Osten. In Polen müssen Restaurants, Hotels und Campingplätze ein Gästebuch ("Książka Skarg i Zażaleń ") führen und auf Wunsch aushändigen. Bei wirklich schwerwiegenden Problemen, etwa Diebstahl oder Streit über die Bezahlung im Hotel, kann man sich auch an die gebührenfreie Notfall-Hotline 0800/200300 des polnischen Fremdenverkehrsamts wenden: Sie ist von Anfang Juni bis Ende September täglich von 8 bis 20 Uhr besetzt, die Mitarbeiter sprechen deutsch. Vom Handy aus ist der Notruf gebührenpflichtig unter 0048/608-599999 zu erreichen.

 Gefürchtet sind Beschwerdeblätter wie Touristenpolizei bei den Hoteliers aller genannten Länder vor allem deshalb, weil die Behörden verpflichtet sind, jeder einzelnen Beschwerde nachzugehen und dem Hotelgast das Ergebnis seiner Recherchen schriftlich mitzuteilen. Dies führt für den betroffenen Betrieb auf jeden Fall zu einem unerfreulichen Papierkrieg - und oft zu mehr: Drakonische Geldstrafen bis hin zur Schließung des Hotels drohen in Spanien beispielsweise Hoteliers, die dem Einzelgast den vollen Preis für ein Doppelzimmer abverlangen oder nach der Hauptsaison die Preise nicht senken. Ungenießbares Essen oder patzige Kellner ziehen verstärkte Kontrollen nach sich.

Die Situation in Frankreich und Italien

 Vergleichbare Stellen gibt es in Frankreich und Italien nicht. In Frankreich bietet sich eigentlich nur das Europäische Verbraucherzentrum in Kehl an, das für Anrufe aus Frankreich extra eine Numéro indigo 0820/20 999 für neun Cent pro Minute geschaltet hat.

 Auch in Italien geht das Europäische Verbraucherzentrum Beschwerden nach. Wer Ärger beim Shopping, im Hotel oder Restaurant hatte, der kann sich an den Standort in Rom wenden: Europäisches Verbraucherzentrum Italien, Via Lancisi 31/a, I-00161 Rom, Tel. 0039/06/44238090, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! , www.ecc-netitalia.it. Dienstsprachen dort sind allerdings nur Italienisch, Französisch und Englisch. Und falls es sprachliche Probleme gibt, dann hilft vielleicht die Verbraucherzentrale in Südtirol (Tel. 0039/0471/980939, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! , www.consumer.bz.it). Denn in Bozen versteht man sowohl die italienische Gesetzeslage als auch die deutsche Sprache.

 

Quelle: Hans-Werner Rodrian, Salzburger Nachrichten 18.05.2014

 

 

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